Planetary Health –Resiliente
Gesundheitssysteme
Maike Voss und Christian M. Schulz

Der Mensch kann nicht unabhängig von biologischen Systemen existieren. Durch diese enge Verknüpfung ist der Gesundheitssektor bereits jetzt mit den gesundheitlichen Folgen der Überschreitung planetarer Grenzen konfrontiert. Gleichzeitig ist er selbst wesentlicher Treiber dieser Entwicklung. Aus Planetary-Health-Perspektive hat der Gesundheitssektor eine zentrale Rolle, diese Entwicklung abzuschwächen (Mitigation) und sich daran anzupassen (Adaptation). Dazu gehört auch eine Debatte darüber, wie wir mit limitierten Ressourcen bei steigenden Kosten gute Gesundheitsversorgung und Medizin gewährleisten wollen.

Maike Voss

Maike Voss ist Gesundheitswissenschaftlerin und geschäftsführende Direktorin des Centre for Planetary Health Policy, ein von der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit e.V. getragener Think Tank. Es liegen keine Interessenskonflikte vor.

Christian Schulz

PD Dr. med. Christian M. Schulz

Christian M. Schulz ist Facharzt für Anästhesiologie und Geschäftsführer bei der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit e.V. Er hat keine Interessenskonflikte.

Das Anthropozän

Die Weltbevölkerung ist seit Beginn der Industrialisierung von ca. 1 Milliarde auf nun 8 Milliarden Menschen angestiegen. Währenddessen ist die Anzahl in extremer Armut lebender Menschen gesunken, bis vor wenigen Jahren hat auch die Nahrungsmittelunsicherheit kontinuierlich abgenommen. Damit einher ging eine Verdopplung der Lebenserwartung allein in den letzten 100 Jahren. Wachsender Wohlstand war die Grundlage für diese Erfolge, die dafür notwendige Energie wurde durch die Verbrennung gigantischer Mengen fossiler Energieträger gewonnen. Dementsprechend wurde die Hälfte der seit 1990 weltweit getätigten Emissionen von den reichsten 10% der Menschheit verursacht.

Diese Errungenschaften gingen auf Kosten der Ökosysteme, deren Belastungsgrenzen in vielerlei Hinsicht überschritten sind. Die globalen Stoffkreisläufe von Stickstoff, Wasser und Phosphor sind verändert, die pH-Werte der Ozeane steigen, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre verdoppelt sich, Plastikpartikel finden sich an allen Orten der Welt, die Biodiversität nimmt so schnell ab wie seit 65 Millionen Jahren nicht und Ausbrüche von Infektionskrankheiten wie Covid-19 werden wahrscheinlicher. Wir befinden uns inmitten multipler, eskalierender Systemkrisen, sowohl innerhalb natürlicher als auch menschlicher Systeme. Diese planetaren Krisen verstärken sich zum Teil gegenseitig. Nur 250 Jahre, nachdem wir begonnen haben 100 Millionen Jahre alte Kohle , Erdöl- und Erdgasvorkommen zu verfeuern, wird klar, dass uns weniger als eine Generation bleibt, um die Ökosysteme so zu erhalten, dass ein Überleben für Mensch und Tier möglich bleibt.

Um die drängenden planetaren Krisen zu bewältigen und die Bewohnbarkeit des Planeten auch für zukünftige Generationen zu erhalten, ist schnelles und entschlossenes Handeln in allen Lebens- und Politikbereichen notwendig.

Aus medizinischer Perspektive ist das 1,5°-Ziel unverhandelbar

Die Klimakrise verläuft schneller und folgenschwerer als bisher angenommen. Die negativen Folgen betreffen überwiegend die ökonomisch ärmsten Menschen in äquatornahen Regionen im globalem Süden (King u. Harrington 2018). Immer mehr Regionen werden für immer größere Zeiträume im Jahr für die Menschen unbewohnbar. Um die Folgen zu illustrieren, braucht es allerdings gar keinen Blick auf andere Regionen der Welt. Immer kürzere Abstände zwischen Jahrhundert- oder Jahrtausendereignissen wie die Dürren in Italien und auf der iberischen Halbinsel führen zu einem Wettlauf der Rekorde. In Deutschland werden häufigere und stärkere Hitzewellen medial meist begleitet von Badeszenen planschender Jugendlicher. Sie führen bereits jetzt in Deutschland zu Todesfällen und vermehrten Krankenhauseinweisungen. Global stehen wir erst bei einer Erwärmung von etwa 1,2°C. Gleichzeitig schließt sich das Fenster zur Begrenzung auf eine globale Temperaturerhöhung auf 1,5°C rasend schnell. Aus medizinischer Perspektive ist daher das 1,5°-Ziel des Pariser Klimaabkommens unverhandelbar.

Das Fenster zur Begrenzung auf eine globale Temperaturerhöhung auf 1,5°C schließt sich rasend schnell.

Krankheiten nehmen dabei nicht nur als direkte Folge von Hitzeeinwirkung zu. Die Kombination der planetaren Krisen führt zu weiteren Problemen: Während global gesehen die Todesfälle durch übertragbare Krankheiten abnehmen, nehmen nichtübertragbare Krankheiten wie Krebserkrankungen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in allen Ländern stark zu (IHME 2020). Folgen sind unter anderem psychische Erkrankungen, Zoonosen, Hautkrebserkrankungen sowie gesundheitliche Auswirkungen von Nahrungsmittelknappheit. Besonders belastet werden Gesundheitssysteme durch nicht-übertragbare Krankheiten als Folge der Verschmutzung von Wasser, Luft und Land und kommerziellen Determinanten, die den Lebensstil von Bevölkerungen beeinflussen. Dabei hängen die Gesundheitskompetenz und die Vulnerabilitäten von Bevölkerungsgruppen direkt mit Bildung und dem sozioökonomischen Status zusammen.

In nahezu allen Fachdisziplinen der Medizin zeigt sich eine Erhöhung der Krankheitslast, die mit der Art und Weise zusammenhängt, wie die Menschen auf der Erde wirtschaften und leben (Traidl-Hoffmann et al. 2021). In den Gesundheitssystemen sind diese Zusammenhänge besonders offensichtlich. Sie sind nicht nur befasst mit den zunehmenden gesundheitlichen Folgen der planetaren Krisen, sie sind aufgrund ihres immensen Ressourcenverbrauchs auch wichtiger Treiber dieser Entwicklung.

Planetary Health als Gegenentwurf

Basierend auf einem zunehmenden Verständnis dieser Zusammenhänge wurde 2015 in der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet das Konzept von Planetary Health (deutsch: planetare Gesundheit) vorgestellt und in Zusammenarbeit mit der Rockefeller Foundation weiterentwickelt (Whitmee et al. 2015). In der Canmore-Erklärung zu Planetary Health wird festgestellt, dass die Gesundheit der Menschen untrennbar mit der Gesundheit der Ökosysteme unseres Planeten zusammenhängt (Prescott et al. 2018). Ein zentrales Element ist die Analyse von Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen den Ökosystemen. Die Auswirkungen menschlichen Handelns in politischen, ökonomischen und sozialen Systemen im 21. Jahrhundert stellen den größten Einflussfaktor sowohl auf die natürliche Umwelt als auch menschliche und tierische Gesundheit dar (Baltruks et al. 2022). Auf diese Weise zeigt Planetary Health, wie die Krisen miteinander verknüpft sind und welche gesundheitlichen Auswirkungen sie auf die Menschen haben. Die Umwelt kann ohne uns – wir aber nicht ohne sie.

Die Umwelt kann ohne uns – wir aber nicht ohne sie.

Planetare Krisen verstärken sich selbst oft gegenseitig, Lösungsansätze helfen aber gleichzeitig auch gegen mehrere Probleme (Co-Benefit-Lösungen). Beispielsweise werden derzeit drei Viertel der weltweiten Ackerflächen genutzt, um tierische Lebensmittelprodukte zu erzeugen. Auf diese Weise werden riesige Mengen Treibhausgase freigesetzt, welche die Klimakrise verstärken, die wiederum zu häufigeren und heftigeren Dürreperioden führt. Die Gefahr ist groß, dem Reflex nachzugeben und weitere Flächen in Ackerland umzuwandeln, auf Kosten der Biodiversität und zum Preis der damit verbundenen Auswirkungen für Tier und Mensch. Dabei wäre es einfach: eine pflanzenbasierte Ernährung senkt nicht nur Krankheitslast und Todesfälle, sie käme auch mit einem Bruchteil der Flächen zurecht. Dadurch würden riesige Flächen frei, deren ökologische Bewirtschaftung uns resilienter machen gegen Dürren und Hitze, dringend für den Schutz der Biodiversität benötigt werden. Naturbelassene Flächen wie Wäldern binden CO2 aus der Atmosphäre und dienen zusätzlich als Quelle für dringend benötigtes Bauholz.

Dieses Beispiel zeigt, wie eine Maßnahme sowohl unsere Gesundheit und Lebensgrundlagen schützt (Mitigation) als auch, wie Anpassungen an eine sich grundlegend veränderte Umwelt gelingen können (Adaptation). Mit einer stärkeren Verbindung zur Natur, mit der Beachtung kultureller, sozialer, politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeiten lassen sich tragfähige Lösungen erarbeiten. Der Gesundheitssektor und vor allem die Menschen, die dort arbeiten, spielen in diesem Transformationsprozess eine Schlüsselrolle.

Die Sackgasse des Gesundheitswesens

Die Krankenkassen klagen über zurückgehende Einnahmen aufgrund der konjunkturellen Schwäche und Mehrbelastungen durch die Covid-19-Pandemie. Die Beibehaltung des Status quo in der aktuellen Versorgung würde allerdings einen Zuwachs an Einnahmen und damit Wirtschaftswachstum voraussetzen. Ob das gelingt ist allerdings höchst umstritten. Bislang gelingt lediglich eine moderate relative Abkopplung des Wirtschaftswachstums vom Ressourcenverbrauch im Gesundheitswesen. Um Gesundheit und Wohlbefinden jetzt und in Zukunft zu schützen, ist eine vollständige Entkoppelung sowie die Klimaneutralität des Gesundheitswesens notwendig. Bestrebungen in diese Richtung im großen Maß bleiben bisher jedoch aus. Somit stehen der Hoffnung, dass die Einnahmen der Krankenkassen und damit die Mittel zur Finanzierung der Gesundheitsversorgung steigen, ein paar handfeste Probleme entgegen: die ökologischen Belastungsgrenzen der Erde sind überschritten, die wirtschaftlichen Kosten dadurch steigen immer schneller, Hitzewellen führen zu Produktionsausfällen, die Krankheitslast nimmt zu, die Verknüpfung der planetaren Krisen führen bereits jetzt zu Inflation und Stagnation.

Zu diesen ökologischen und ökonomischen Faktoren kommen weitere mit dem Gesundheitssystem verbundene Faktoren hinzu, die die Gesundheitsversorgung weiter herausfordern. Überversorgung schadet den Patient:innen, kostet Geld sowie ökologische Ressourcen und produziert vermeidbare CO2-Emissionen. Dazu kommen Fehlanreize im Vergütungssystem. So wird dem Wirtschaftlichkeitsgebot in den Sozialgesetzbüchern bisher kein Nachhaltigkeitsgebot gleichberechtigt zur Seite gestellt. Um umfassend nebenwirkungsarm Gesundheitsversorgung zu leisten, müssen Gesundheitsakteure die ökologischen Belastungsgrenzen und die planetaren Krisen im Blick haben, auch wenn dadurch kurzfristig die Kosten steigen. Denn mit der Umsetzung von Nachhaltigkeitskriterien zum Beispiel im Einkauf von Gesundheitsgütern in der ambulanten und stationären Versorgung oder bei der Gemeinschaftsverpflegung und Ernährung ist die Internalisierung von Folgekosten durch Klima- oder Umweltschäden verbunden.

Weitere zentrale Herausforderungen sind der demografische Wandel und ein signifikanter Nachholbedarf in der Digitalisierung. Hinzu kommt ein wachsender Personalmangel, der nicht nur in der Bezahlung oder den Arbeitszeiten begründet ist, sondern auch mit Art und Weise, unter welchen Handlungszwängen Medizin heute praktiziert wird.

Auf dem Weg zu einem resilienten Gesundheitssystem

Die Herausforderungen für das Gesundheitssystem liegen damit darin, unter Zeitdruck einen Weg aus dieser Sackgasse zu finden. Die planetaren Krisen und global geringer werdende Ressourcen werden uns nicht gestatten, die Herausforderungen sequenziell abzuarbeiten. Das erfordert eine Beweglichkeit und Responsivität, ähnlich wie wir sie im Gesundheitssystem zu Beginn der Covid-19-Pandemie erlebt haben. Wesentlich ist dabei, dass Gesundheitsakteure eine Vision entwickeln, welche Art von Gesundheitssystem denkbar und möglich ist. Im Kern muss die Frage dringend beantwortet werden, wie mit weniger Geld und Personal mehr Gesundheit für mehr Menschen erreicht werden kann?

Allerdings wird nur ein kleiner Teil der Gesundheitsleistungen durch den Gesundheitssektor erbracht, ein wesentlich größerer Teil liegt in anderen Politik- und Lebensbereichen und ist von gesundheitlicher Chancengerechtigkeit und sozialen Determinanten abhängig. So wirkt sich eine erfolgreiche Mobilitäts- und Energiewende durch verbesserte Luftqualität und weniger Unfalltoten positiv auf Gesundheit und Wohlbefinden aus. Daraus erfolgt eine viel stärkere Gewichtung auf Präventionsleistungen und -politik. Für alle Akteure im Gesundheitswesen gilt das Prinzip des ‚Nicht-Schadens‘, das im Anthropozän erweitert werden muss: Schaden an der Umwelt muss aus gesundheitlichen Gründen vermieden und Prävention statt Krankheitsbehandlung priorisiert werden (Bödeker u. Moebus 2020). Allerdings sind auch viele Gesundheitsakteure wie zum Beispiel Krankenkassen weitgehend machtlos, wenn sie mit ihren begrenzten Mitteln zwar in die Verhaltensprävention investieren können und dürfen, die gesundheitliche Perspektive aber viel zu wenig in die Beeinflussung der Verhältnisse einfließt. Dazu ist vor allem auf politischer Ebene ein transdisziplinäres Verständnis für die gemeinsame Verantwortung, Vision und Ziele notwendig.

Die Perspektive auf Bevölkerungsgruppen und ihre Gesundheitsförderung sollte bei der Ressourcenallokation in allen Bundesministerien eine viel stärkere Berücksichtigung finden als bislang. Dies gelingt, wenn Lösungen nicht nur für das spezifische Politikfeld, sondern mit „Co-Benefits“ für die Bevölkerungsgesundheit gesucht werden. Relevant für eine zukünftige Präventionspolitik wird es daher sein, Co-Benefit-Politiken gezielt zu entwickeln und Auswirkungen und Kosten anderer Politikbereiche zu Lasten der Gesundheit einzupreisen (Baltruks et al. 2022).

Was jetzt zu tun ist

Die dafür notwendige Transformation im Gesundheitssektor ist tiefgreifend. Damit sie gelingt, müssen sich alle Akteure im Gesundheitswesen ambitioniert den Handlungsfeldern Mitigation und Adaptation zuwenden. Aus Sicht von Planetary Health spielen Mitarbeitende im Gesundheitssektor eine relevante Rolle. Sie sind wichtige Multiplikator:innen beim Erreichen des sozialen Kipppunkts – als positiver Gegenentwurf zu ökologischen Kipppunkten – hin zu einer tiefgreifenden Transformation der Gesellschaft, welche ein gesundes Leben auf einem gesunden Planeten ermöglicht. Aus diesen Gründen haben die Delegierten des 125. Deutschen Ärztetags im November 2021 für ein klimaneutrales Gesundheitssystem bis 2030 votiert (Deutsches Ärzteblatt 2021). Auch das Zukunftsforum Public Health hat 2022 einen Call for Action: Klimawandel und Public Health veröffentlicht (Zukunftsforum Public Health 2022). Nun gilt es, nicht nur entsprechende Forderungen zu stellen, sondern es müssen alle Gesundheitsprofessionen mit den Entscheider:innen und Multiplikator:innen im Gesundheitswesen und in der Politik in Interaktion treten und die Umsetzung zielgerichteter transformativer Anpassungen fordern, initiieren und begleiten. Politische Entscheidungsträger:innen, Gesetzgeber:innen auf Bundes- und Landesebene und die Organe der Selbstverwaltung im Gesundheitssektor haben eine zentrale Verantwortung in Bezug auf die Anpassung des Regelungsrahmens und das Setzen der Anreize für mehr Klimaneutralität, Prävention und Resilienz.

Um ein resilientes, qualitativ hochwertiges, zugängliches, umweltfreundliches und finanzierbares Gesundheitssystem für alle und für zukünftige Generationen in einem gemeinwohlorientierten, gesundheitsfördernden und präventiven Rahmen sicherzustellen, müssen ökologische Folgekosten (z.B. über eine CO2-Bepreisung) internalisiert werden und damit eine steuernde Wirkung erlangen. Dafür muss auch in den Sozialgesetzbüchern das Gebot der Wirtschaftlichkeit flankiert werden von einem Gebot der Nachhaltigkeit, ohne die Qualität von und den Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen einzuschränken. In Bezug auf die Investitionen – gerade auch im Krankenhausneubau – dürfen ausschließlich Häuser gebaut werden, die über ihren ganzen Lebenszyklus möglichst emissionsarm in einer Kreislaufwirtschaft betrieben werden, möglichst viel CO2 binden und eine hohe Resilienz gegen extreme Wetterereignisse aufweisen. Darüber hinaus muss die Leistungsvergütung auch an Erfolge in der Umsetzung einer ressourcen- und klimaschonenden Medizin geknüpft werden. Dafür sind Indikatoren notwendig, die Mehrkosten und die Ambitionen der Einrichtungen abbilden, dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und der Corporate Sustainability Reporting Directive der Europäischen Union gerecht werden, neben ökologischen auch soziale und Governance-Kriterien beinhalten und auf diese Weise einen orientierenden Rahmen geben (European Commission o.J.). All das muss gegenfinanziert werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Neuverhandlung der finanziellen Lastenverteilung ist eine Beteiligung der Länder, der privaten und gesetzlichen Krankenkassen und der Leistungserbringenden.

Gesundheitseinrichtungen, Forschungseinrichtungen und Fachgesellschaften können mit vielen Maßnahmen unmittelbar beginnen (KLUG 2021a; Deutsches Ärzteblatt 2022). Dazu zählen die Bereiche Energieeinsparung, pflanzenbasierte Ernährung für Patient:innen und Mitarbeitende, Reporting über die Treibhausgasemissionen in der ambulanten und stationären Versorgung, Entwicklung und Umsetzung von Hitzeaktionsplänen, Reduktion der Emission von direkten Treibhausgasen in der Anästhesie und der konsequente Abbau von Überversorgung in Form nicht notwendiger Therapien und Untersuchungen (KLUG 2021b; Bundeszentrum für Ernährung 2020). Aufgrund des großen Anteils der Emissionen in den vor- und nachgeschalteten Lieferketten gilt es, ökologische, ethische und soziale Kriterien für den Einkauf von Medizinprodukten anzuwenden, Abfall zu vermeiden sowie kreislaufwirtschaftliche Ansätze zu unterstützen (Zukunft Krankenhaus-Einkauf o.J.). In Bezug auf Einweg- vs. Mehrwegprodukte sind neben Life-Cycle-Assessments die Erarbeitung evidenzbasierter Hygiene-Leitlinien notwendig, die unter Wahrung der Patientensicherheit auf die Reduktion des Ressourcenverbrauchs abzielen.

Die planetaren Krisen und global geringer werdende Ressourcen erlauben es nicht, diese Handlungsfelder partiell und nacheinander anzugehen – es braucht jetzt entschiedenes Handeln auf allen Ebenen. Das Gesundheitswesen hat in der Bewältigung der planetaren Krisen eine besondere Rolle und Verantwortung, Gesundheit und Wohlergehen jetzt und in Zukunft zu erhalten und zu fördern.
(Baltruks et al. 2022).

Literatur

Baltruks D, Gepp S, Van de Pas R, Voss M, Wabnitz K (2022) Gesundheit innerhalb planetarer Grenzen. Policy Brief 01. Berlin. DOI: 10.5281/zenodo.6642685

Bödeker W, Moebus S (2020) Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung für Gesundheitsförderung und Prävention 2012–2017: Positive Effekte durch das Präventionsgesetz? Das Gesundheitswesen 82(3), 282–287

Bundeszentrum für Ernährung (2020) Planetary Health Diet: Speiseplan für eine gesunde und nachhaltige Ernährung. URL: https://www.bzfe.de/nachhaltiger-konsum/lagern-kochen-essen-teilen/planetary-health-diet/ (abgerufen am 30.09.2022)

Deutsches Ärzteblatt (2021) Deutscher Ärztetag: Gesundheitswesen soll bis 2030 klimaneutral sein. 2. November. URL: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/128716/Deutscher-Aerztetag-Gesundheitswesen-soll-bis-2030-klimaneutral-sein (abgerufen am 26.03.2022)

Deutsches Ärzteblatt (2022) Reduktion von CO2-Emissionen in der Patientenversorgung angemahnt. 30. Mai. URL: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/134544/Reduktion-von-CO2-Emissionen-in-der-Patientenversorgung-angemahnt (abgerufen am 30.09.2022)

European Commission (o.J.) Corporate sustainability reporting. URL: https://ec.europa.eu/info/business-economy-euro/company-reporting-and-auditing/company-reporting/corporate-sustainability-reporting_en (abgerufen am 30.09.2022)

Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) (2020) GBD Results. URL: https://vizhub.healthdata.org/gbd-results/ (abgerufen am 30.09.2022)

King AD, Harrington LJ (2018) The Inequality of Climate Change From 1.5 to 2°C of Global Warming. Geophys. Res. Lett. 45(10), 5030–5033. DOI: 10.1029/2018GL078430

KLUG (2021a) KLUG veröffentlicht Rahmenwerk für klimagerechte Gesundheitseinrichtungen. URL: https://www.klimawandel-gesundheit.de/klug-veroeffentlicht-rahmenwerk-fuer-klimaneutrale-gesundheitseinrichtungen/ (abgerufen am 30.09.2022)

KLUG (2021b) Lancet Countdown Policy Brief für Deutschland 2021. URL: https://www.klimawandel-gesundheit.de/lancet-countdown-policy-brief-fuer-deutschland-2021/ (abgerufen am 30.09.2022)

Prescott SL et al. (2018) The Canmore Declaration: Statement of Principles for Planetary Health. Challenges 9(2), Art. Nr. 2. DOI: 10.3390/challe9020031

Traidl-Hoffmann C, Schulz C, Hermann M, Simon B (2021) Planetary Health – Klima, Umwelt Gesundheit im Anthropozän. Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Berlin

Whitmee S et al. (2015) Safeguarding human health in the Anthropocene epoch: report of The Rockefeller Foundation–Lancet Commission on planetary health. The Lancet 386(10007), 1973–2028

Zukunft Krankenhaus-Einkauf (o.J.) Hallo bei ZUKE Green! Dürfen wir uns dir vorstellen? URL: https://www.zukunft-krankenhaus-einkauf.de/zuke-green/ (abgerufen am 29.05.2022)

Zukunftsforum Public Health (2022) Call for and to Action: Klimawandel und Public Health. Symposium des Zukunftsforums Public Health. URL: https://zukunftsforum-public-health.de/call-for-action-klimawandel/ (abgerufen am 16.08.2022)