Einführung
Primärversorgung ist mehr als die rein medizinische Versorgung. Sie umfasst gesundheitsfördernde, präventive, kurative, pflegerische, rehabilitative und palliative Maßnahmen und bringt eine integrierte, multiprofessionelle Versorgung so nahe wie möglich an den Wohnort und Arbeitsplatz der Menschen (s. Kap. VI.1 Primärversorgungszentren: Der internationale Diskurs und der Status quo in Deutschland). Erstmals erwähnt in der WHO-Deklaration von Alma-Ata von 1978 fordert das Konzept eine umfassende Neuorientierung der Gesundheitspolitik hin zu einem populationsbezogenen Ansatz, der auf der ersten Ebene der Gesundheitsversorgung stattfindet und ein Zusammenwirken von Akteuren in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen voraussetzt. Kernelemente der Primärversorgung sind demnach
- die Orientierung an den gesundheitlichen Bedarfen der Bevölkerung,
- die Beteiligung der Bevölkerung an der Planung und Bereitstellung von gesundheitsbezogenen Leistungen sowie
- eine enge Verzahnung mit anderen Politik- und Handlungsfeldern wie Bildung, Umweltschutz, Hygiene und Wohnungsbau (Zimmermann 2021).
Diese Prinzipien und die Forderung nach einer verstärkten Primärversorgungsorientierung der Gesundheitssysteme sind seitdem vonseiten der WHO regelmäßig wiederholt und bekräftigt worden. Als Leitbild für die Weiterentwicklung von Gesundheitssystemen darf Primärversorgung daher als zeitlos aktuell gelten. In den westlichen Industrienationen geschah und geschieht eine solche Entwicklung zögerlicher als etwa auf der Südhalbkugel, aber auch hier haben einige Staaten in unterschiedlicher Ausprägung diesen Weg eingeschlagen (beispielsweise Brasilien, Spanien, Schweden und Slowenien, aber auch Kanada, Belgien, Österreich, Frankreich).