Was bedeutet Transparenz? Intuitive, im alltäglichen Sprachgebrauch verankerte Bedeutungen von Transparenz sind zunächst einmal „Durchsichtigkeit“ und „Lichtdurchlässigkeit“: So steht das deutsche Adjektiv ‚transparent‘ übersetzt mit „durchsichtig“, „durchscheinend“ im Wörterbuch, wobei es als Lehnwort aus dem französischen transparent Anfang des 18. Jahrhunderts ins Deutsche übernommen wurde. Zunächst meint es „durch-sichtig“ in Bezug auf durchsichtige Materialien, wie z.B. Glas oder Stoffe, die den Blick auf ein dahinterliegendes Objekt freigeben. Das französische Wort wiederum hat seine Wurzeln im Mittellateinischen transparēre, was mit „durchscheinen, durchsichtig sein“ übersetzt werden kann. Das Substantiv ‚Transparenz‘ im Sinne einer Eigenschaft oder eines Zustands der transparenten Beschaffenheit lässt sich erst etwa Anfang des 19. Jahrhunderts im Deutschen nachweisen, als Ableitung vom Adjektiv ‚transparent‘, wobei die Substantivierung auch im Französischen und Mittellateinischen aufkommt (transparence beziehungsweise transparentia, was je „Durchsichtigkeit“ bedeutet). Doch bezieht sich ‚Transparenz‘ nur noch zum Teil auf materielle Erscheinungen im Sinne einer Lichtdurchlässigkeit, sondern wird meist übertragen im Sinne von „Klarheit“, „Deutlichkeit“ oder „Verständlichkeit“ gebraucht (DWDS 2023).
Transparenz stammt also ursprünglich als Fachbegriff aus der Optik, der sodann verallgemeinert wurde, was seine besondere Anschlussfähigkeit an Metaphern von Licht und Erkenntnis nahelegt, die den Begriff derart gebräuchlich und anschlussfähig und zu etwas im allgemeinen ‚Guten‘ macht. Doch so erhält der Begriff, der Sichtbarkeit auszudrücken scheint, zugleich eine deutliche Ambivalenz und ist gerade nicht mehr vollkommen klar, sondern auf paradoxe Weise mehrdeutig (Rowe u. Slutzky 1963, S. 45): Was transparent ist, wird unsichtbar. In unserem alltäglichen Sprachgebrauch benutzen wir Transparenz jedoch für nicht weniger als das Gegenteil von Unsichtbarkeit – im Sinne von Sichtbarkeit, in einem metaphorischen Sinn. Diese abstrahierte Bedeutung bezieht sich auf soziale Sachverhalte und Institutionen.
Die etymologischen Wurzeln und der metaphorische Gehalt von Transparenz vermischen sich und kreisen um die Verbindungen von Licht, Erkenntnis und Moralität, denn Licht und Sehen werden zu bildhaften Synonymen für Wahrheit, Erkenntnis und Integrität. Es kommt zu einer Moralisierung von Transparenz und einer Metaphorik von ‚hell und dunkel‘, von ‚sichtbar‘, ‚rein‘, ‚wahr‘ und im Gegensatz dazu stehend ‚unsichtbar‘, ‚verwegen‘ und ‚betrügerisch‘: Transparenz wird zu etwas Wünschenswertem, das Sichtbarkeits-Annahmen auf Politik und Demokratie überträgt, wobei sie stets zwischen bildlicher und abstrakter Bedeutung changiert.