Dieser Analyseteil beleuchtet den Fortschritt der Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen aus technischer Perspektive. Wie gestaltet sich die Anbindung der Versorgungseinrichtungen an die Telematikinfrastruktur (TI) und wie gut sind Arztpraxen, Apotheken und Krankenhäuser inzwischen vernetzt? Wie viele Patientendaten sind bereits elektronisch verfügbar und wie steht es um den digitalen Reifegrad deutscher Gesundheitseinrichtungen im internationalen Vergleich? Die aktuellen Zahlen zeigen: Während die Digitalisierung in Praxen und Apotheken relativ zügig voranschreitet, tun sich insbesondere Krankenhäuser mit der Umstellung ihrer Systeme nach wie vor schwer. Als größte Hürden auf dem Weg zum digitalen Gesundheitswesen gelten weiterhin Finanzierungsprobleme und die Gewährleistung der Datensicherheit.
Digitale Verfügbarkeit von Patientendaten
Neben der Interoperabilität von Systemen bildet die flächendeckende digitale Verfügbarkeit von Patientendaten die wesentliche Grundlage für eine die bruchlose elektronische Interaktion zwischen Gesundheitseinrichtungen. Gegenüber der letzten Veröffentlichung im eHeath Monitor hat sich dieser Indikator jedoch kaum bewegt. Nach den jüngsten Erhebungen von KBV (PraxisBarometer Digitalisierung 2020) und HIMSS (eHealth Trend Barometer 2021) stieg die Digitalisierungsrate von Patientendaten in ambulanten und stationären Gesundheitseinrichtungen gegenüber dem Vorjahr geringfügig um 1 Prozentpunkt auf jetzt 70%. Im ambulanten Sektor allein ist sie sogar um 2 Prozentpunkte auf 42% gesunken, was allerdings auch durch die Erhebungsmethodik begründet sein kann.
Ihre Patientendaten nahezu vollständig digitalisiert haben bislang 42% der von der KBV befragten Praxen, wobei die Unterschiede zwischen den Fachgruppen groß sind: Während mehr als die Hälfte der ärztlichen Praxen (56%) ihre Patientendokumentation inzwischen komplett elektronisch abwickeln, tun dies unter den psychotherapeutischen Praxen erst 6%. Innerhalb der niedergelassenen Ärzteschaft steigt die Digitalisierungsrate mit der Praxisgröße. Mehr als zwei Drittel (67%) der Gemeinschaftspraxen mit mehr als fünf Ärzten verfügen über eine vollständig digitalisierte Patientendokumentation – nur bei 7% überwiegt noch die Papierform. In Einzelpraxen wiederum hat erst rund ein Drittel (34%) die Umstellung bereits vollzogen.
Digitale Reife und bestehende Hürden
Wie schon im letztjährigen eHealth Monitor gibt das HIMSS Trend Barometer Auskunft darüber, wie die Gesundheitseinrichtungen hierzulande ihren eigenen digitalen Reifegrad einschätzen und wo Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern Europas steht. Ein weiterer Indikator aus dem Trend Barometer wiederum beleuchtet die größten Herausforderungen bei der digitalen Transformation und welche Handlungsfelder bei der Umsetzung im Vordergrund stehen.
Digitale Reife von Gesundheitseinrichtungen
Die Mitarbeiter deutscher Krankenhäuser und Arztpraxen schätzen die digitale Reife ihrer Organisationen mit 6,0 von maximal 10 Punkten besser ein als noch 2019 (5,6). Dennoch landen sie im europäischen Vergleich auf dem vorletzten Platz – nur das Vereinigte Königreich und Irland schneiden mit 5,6 Punkten noch schlechter ab. In allen übrigen befragten Regionen (Italien, Niederlande, Österreich, Schweiz, Skandinavien, Spanien) geben sich die Einrichtungen Werte über 6 Punkte. Skandinavien führt das Ranking mit 6,8 Punkten an, dicht gefolgt von den Niederlanden. Beide gelten auch in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen und den Standardisierungsfortschritt als führend im internationalen Vergleich. Europaweit hat sich die digitale Reife der Gesundheitseinrichtungen um 0,2 auf jetzt 6,3 Punkte verbessert.
Abb. 6 Befragung von Mitarbeitern in europäischen Gesundheitseinrichtungen zur digitalen Reife ihrer Organisation.
Quelle: HIMSS Analytics eHealth Trendbarometer 2021
Datenschutz hat höchste Priorität und die Finanzierung gilt als größte Herausforderung bei der Systemumstellung auf eHealth
Was sind 2021 die größten eHealth-Prioritäten (Top 10)?
Anteil der Befragten (n = 73), in Prozent (Mehrfachnennungen möglich)
2020 waren die Top-3-Prioritäten für Gesundheitseinrichtungen: IT-Sicherheit und Datenschutz (50%),
Implementierung einer ePA (50%) und Einsatz von mobilen Geräten (27%)
Was sind aktuell die größten eHealth-Herausforderungen?
Anteil der Befragten (n = 71), in Prozent (Mehrfachnennungen möglich)
2020 waren die Top-3-Herausforderungen für Gesundheitseinrichtungen: Finanzierung (53%),
ausreichend qualifizierte Mitarbeiter (51%) und IT-Sicherheit (40%)
Auch im Ranking der Herausforderungen gab es Verschiebungen: Landete bei der letzten Befragung noch die Sorge um qualifizierte Mitarbeiter auf Platz zwei gleich hinter der Finanzierung, stehen in diesem Jahr IT-Sicherheit und Schwierigkeiten bei der technischen Implementierung im Vordergrund.
Die Ergebnisse korrelieren mit den ebenfalls vom HIMSS Trend Barometer erhobenen eHealth-Prioritäten der Einrichtungen: Hier stehen mit 94% IT-Sicherheit und Datenschutz im Mittelpunkt. Dahinter folgt die Implementierung der elektronischen Patientenaktie (ePA), die bei fast drei Vierteln der Einrichtungen inzwischen ganz oben auf die To-do-Liste steht. Rang drei auf der Prioritätenliste nimmt die Verbesserung der Bedienbarkeit des Systems und die positive Benutzererfahrung ein.