Monitor 2023 | 24
Gesundheitsversorgung –
Status quo und Perspektiven
Wie steht es um die Digitalisierung unseres Gesundheitswesens? Wo liegt Deutschland vorn, wo besteht Nachholbedarf?
Antworten liefert der E-Health Monitor 2023│24 von McKinsey & Company. Bereits zum vierten Mal seit der Erstausgabe 2020 misst der aktuelle E-Health Monitor anhand von rund 30 Indikatoren den digitalen Fortschritt unseres Gesundheitssystems – vom Digitalisierungsgrad deutscher Krankenhäuser und Arztpraxen bis zur Akzeptanz und den Nutzeneffekten von E-Health-Lösungen für Patientinnen und Patienten.
Akzeptanz und Nutzung digitaler Anwendungen
Die aktuelle Ausgabe zeigt: Akzeptanz und Nutzung digitaler Anwendungen haben in Deutschland weiter zugenommen – zuletzt allerdings eher moderat. Drei neue Gesetze zur Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen, die bis Ende 2023 bzw. Anfang 2024 im Bundestag verabschiedet werden sollen, könnten daher wichtige Impulse für eine neue Dynamisierung der Digitalisierung setzen. Das gilt umso mehr, als diese Gesetze auf zentrale Vorhaben abzielen, wie die Umstellung der ePA auf ein Opt-out-Verfahren, die verpflichtende Ausstellung von E-Rezepten für Ärztinnen und Ärzte und das Festschreiben der Vorgabe, dass 80% der GKV-Versicherten bis 2025 über eine ePA verfügen sollen.
Fokusthema Telemonitoring
Von neuen Impulsen profitieren könnte auch das Telemonitoring in Deutschland, das das Fokusthema des diesjährigen E-Health Monitors ist. Eine McKinsey-Analyse zeigt, dass eine umfassende Implementierung des hierzulande bislang noch in den Anfängen steckenden Telemonitorings ein jährliches Wertpotenzial von 4,3 Mrd. Euro für das deutsche Gesundheitssystem birgt. Zudem geht das Fokuskapitel unter anderem der Frage nach, an welchen internationalen Gesundheitssystemen sich die weitere Implementierung des Telemonitorings in Deutschland orientieren kann.
Mehrdimensionale Sicht auf das Thema eHealth in Deutschland
Ergänzend zu den McKinsey-Analysen vermitteln auch diesmal zahlreiche Gastbeiträge eine mehrdimensionale Sicht auf die Themen E-Health in Deutschland im Allgemeinen und Telemonitoring im deutschen Gesundheitswesen im Besonderen. Zu Wort kommen zum einen Institutionen wie der Bundesverband Managed Care e.V. und der BAG SELBSTHILFE e.V. Zum anderen runden aktuelle Einsichten und Perspektiven von E-Health-Anbietern und -Nutzern, Forschenden und Ärzteschaft den E-Health Monitor 2023│24 ab.
Zentrale Ergebnisse
Digitale Infrastruktur
der gesetzlich Versicherten haben ihre ePA aktiviert (Stand September 2023).
sollen es nach Einführung des Opt-out-Verfahrens bis 2025 sein.
der Arztpraxen sind an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen –
von ihnen beklagen mindestens 1 x wöchentlich technische Fehler (Vorjahr: 50%).
Fast 82 Mio. eAU sind in den ersten neun Monaten 2023 an Krankenkassen verschickt worden – rund 38% mehr als im Vorjahr.
der Arztpraxen kommunizierten 2022 überwiegend digital mit Krankenhäusern, ein Anstieg um 4 Prozentpunkte.
Knapp 4,1 Mio. E-Rezepte wurden zwischen Januar und September 2023 eingelöst. –
GKV-Verschreibungen gibt es pro Jahr.1
1 Quelle: WIdO-Report 2022
DiGA
Apps auf Rezept sind Ende September 2023 im DiGA-Verzeichnis gelistet – 15 mehr als im Jahr davor. 24 von ihnen sind vorläufig und ebenso viele dauerhaft aufgenommen.
Im Gesamtjahr 2023 wurden hochgerechnet2 214.000 DiGA verordnet (+53% ggü. 2022). Bei einem Durchschnittspreis von 446 EUR pro App liegt ihr Marktvolumen demnach bei rund 96 Mio. EUR.
der Nutzenden halten DiGA für eine sinnvolle Ergänzung ihrer Therapie.
der Ärztinnen und Ärzte haben inzwischen Erfahrungen mit DiGA gesammelt – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr (18%).
Weitere 14 % planen, die Apps auf Rezept in naher Zukunft auszuprobieren (Vorjahr: 8 %).
Digitales Angebot
der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte boten 2022 digitale Services an (2021: 61 %). Ganz oben auf der Beliebtheitsskala stehen 3 Dienste:
Welche digitalen Angebote im Gesundheitsbereich würden Sie gerne nutzen?
(n = 1.985)
Quelle: Doctolib Digital Health Report, 2023
Rund 12 Mio. Mal pro Jahr werden Gesundheits-Apps in Deutschland heruntergeladen. Die beliebtesten Kategorien sind die Online- Geschäftsstellen der Krankenkassen und die Online-Terminvereinbarung.
Evidenz für E-Health
der 2022 publizierten E-Health-Studien in Europa weisen positive Nutzeneffekte digitaler Anwendungen nach – drei Viertel verbessern die Patientengesundheit, 16% bringen Zeitersparnis für das Fachpersonal und 8% sparen Gesundheitskosten ein
der deutschen Publikationen zu E-Health sind randomisierte, kontrollierte Studien – Spitze im Ländervergleich.
Förderung
der 210 Förderprojekte im Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses stehen im Zusammenhang mit E-Health. 35 Projekte sind bereits abgeschlossen, 13 von ihnen wurden zur Übernahme in die Regelversorgung empfohlen.
Telemonitoring
Auf 4,3 Mrd. EUR wird das jährliche Nutzenpotenzial durch Telemonitoring taxiert, zwei Drittel davon entfallen auf die Vermeidung von Krankenhausaufenthalten. Eine Regelvergütung von Telemonitoring-Leistungen gibt es in Deutschland bislang nur für die Indikation Herzinsuffizienz.
Stimmen aus dem Werk I
Dr. Tobias Silberzahn
McKinsey & Company
„Telemonitoring kann ein wichtiger Baustein für digitalisierte Disease-Management-Programme in Deutschland sein.“
Nina Haffer
Berlin Institute of Health
Prof. Dr. med. Sylvia Thun
Berlin Institute of Health
„Interoperabilität im Gesundheitswesen ist ein Schlüsselkonzept, um die Qualität der Versorgung und die Effizienz im Gesundheitssystem zu steigern.“
Prof. Lutz Hager
Bundesverband Managed Care e.V.
Johanna Nüsken
Bundesverband Managed Care e.V.
„Lotsenmodelle stärken den menschlichen Faktor in der Gesundheitsversorgung.
Je komplexer die gesundheitliche Situation ist, umso eher stoßen digitale Systeme an ihre Grenzen und umso stärker fällt der menschliche Faktor ins Gewicht. Umgekehrt gilt allerdings auch: Je geübter die Betroffenen im Management ihrer Erkrankung(en) sind, desto mehr Aufgaben können erfolgreich von technischen Assistenzsystemen übernommen werden.“
Dr. Sara Schmachtenberg
Dr. Dario Heymann
Julien de Salaberry
Galen Growth
„Das digitale Gesundheitsökosystem in Deutschland befindet sich im Sog der internationalen Entwicklung.“
Ausgewählte Beiträge
Digitales Angebot und Nachfrage bei Gesundheitseinrichtungen
Marisa Krummrich, Pirkka Padmanabhan, Laura Richter, Nushin Roghani und Tobias Silberzahn
Telemonitoring – Rolle und Wertbeitrag in der deutschen Gesundheitsversorgung
Katharina Becker, Julian Beerbaum, Constantin Landers, Franz-Xaver Neubert und Marie Rastetter
Stimmen aus dem Werk II
Madlen Scheibe
Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Carl Gustav Carus an der TU Dresden
„Um die Auswirkungen von DiGA auf die Patientenversorgung ganzheitlich beurteilen zu können, braucht es Evidenz zur Frage: Welche Versorgungseffekte zeigen sich bei einer DiGA-Nutzung unter Alltagsbedingungen? Das Projekt ImplementDiGA liefert diese Evidenz.“
„Die Frage Opt-In oder Opt-Out jeglicher Maßnahmen wird in einem System, das den Menschen mit seinen Bedarfen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt der Transformation stellt, obsolet.“
Jana Hassel
BAG SELBSTHILFE e.V.
Katharina Becker
Julian Beerbaum
Constantin Landers
Franz-Xaver Neubert
Marie Rastetter
McKinsey & Company
„Telemonitoring ermöglicht die Kontrolle und Auswertung von Gesundheitsdaten aus der Ferne durch vernetzte Geräte. Dadurch erweitert sich der Beobachtungs- und Therapieraum – Arzt-Patienten-Kontakte und ärztliche Entscheidungen können effizienter und effektiver werden.“
„Die digitale Identität wird eine Weichenstellung für die Neugestaltung traditioneller Versorgungssituationen mit sich bringen.“
Dr. med. Markus Leyck Dieken
gematik (bis 12/023)
Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx, FRCA
Universitätsklinikum RWTH Aachen
„Remote Patient Monitoring ist ein starker Baustein im Versorgungskonzept der Zukunft.“
Die Autor:innen
Sara BallarinRobert Bosch Krankenhaus GmbH |
Katharina BeckerMcKinsey & Company |
Julian BeerbaumMcKinsey & Company |
Roberto BelkeBiotronik Vertriebs GmbH & Co. KG |
Dr. Ralph BoschCharité – Cardio Centrum Ludwigsburg Bietigheim (CCLB) |
Dr. Sebastian EcklProCarement GmbH |
Prof. Dr. Jan P. Ehlers, M.A.Universität Witten/Herdecke |
Martin FassungeSAP |
Dr. med. Leonard FehringUniversität Witten/Herdecke |
Dr. Michael FriedewaldFraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI |
adj. Prof. (UCD) Okan Ekinci, MD, MBARoche Information Solutions, Santa Clara/USA |
Benjamin FingerRobert Bosch Krankenhaus GmbH |
Julian FringsMcKinsey & Company |
Annika GötzMcKinsey & Company |
Prof. Dr. Lutz HagerBundesverband Managed Care e.V. |
Christiane HardersOnlineDoctor |
Dr. Julian HollenderAOK Bayern |
Dr. Bärbel HüsingFraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI |
Prof. Dr. med. Matthias GründlingUniversitätsmedizin Greifswald |
Dr. med Benjamin GutermannMedKitDoc |
Nina HafferKonsortium „DigitalRadar“ |
Prof. Dr. Lutz HagerBundesverband Managed Care e.V. |
Jana HasselBAG SELBSTHILFE e.V. |
Dr. Dario HeymannGalen Growth |
Dr. Fahed HusriKlinikum Nürnberg |
Dorian KochMedKitDoc |
Veronika KönigMcKinsey & Company |
Jan KoolenMedKitDoc |
Marisa KrummrichMcKinsey & Company (bis 9/2023) |
Constantin LandersMcKinsey & Company |
Dr. Volker LeonhardtSEMDATEX GmbH |
Dr. med. Markus Leyck Diekengematik GmbH (bis 12/2023) |
Laura MaierMcKinsey & Company |
Univ.-Prof. Dr. med. Gernot Marx, FRCAUniversitätsklinikum RWTH Aachen |
Dr. Franz-Xaver NeubertMcKinsey & Company |
Johanna NüskenBundesverband Managed Care e.V. |
Dr. Tyler O’Neill, B.Sc., DVM, M.Sc., PhDRoche Diagnostics Solutions, Schweiz |
Prof. Dr. med. Oliver G. Opitz, AGAFKoordinierungsstelle Telemedizin Baden-Württemberg (KTBW)/Bosch Digital Innovation Hub |
Pirkka PadmanabhanMcKinsey & Company |
Dr. Armin PschererKoordinierungsstelle Telemedizin Baden-Württemberg (KTBW) |
Marie RastetterMcKinsey & Company |
Dr. med. Ulrich von Rath„Hausarztpraxis im Hafenhaus“ in Lübeck-Travemünde, Akademische Lehr- und Forschungspraxis der Universität zu Lübeck |
Dr. Matthias RedlichMcKinsey & Company |
Laura RichterMcKinsey & Company |
Nushin RoghaniMcKinsey & Company |
Julien de SalaberryGalen Growth |
PD Dr. med. Hendrik Schäfer, MBA (UCT)Roche Diagnostics Solutions, Schweiz |
Dr. med. Christian S. ScheerUniversitätsmedizin Greifswald |
Dr. Madlen ScheibeZentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung, Uniklinikum Dresden |
Dr. Sara SchmachtenbergGalen Growth |
Sabine SchölchRobert Bosch Krankenhaus GmbH |
Julian SchönauerMcKinsey & Company |
Benedict SevovMcKinsey & Company |
Katharina SickmüllerMcKinsey & Company |
Dr. med. Tobias SilberzahnMcKinsey & Company |
Manfred StrehlowMcKinsey & Company |
Prof. Dr. med. Sylvia ThunKonsortium „DigitalRadar“ |
Patricia TrißlerProCarement GmbH |
Marie UncovskaMcKinsey & Company |
Dr. rer. nat. Marcus VollmerUniversitätsmedizin Greifswald |
Die Herausgeber:innen
McKinsey & Company
McKinsey & Company ist die deutschland- und weltweit führende strategische Unternehmensberatung. Im Gesundheitsbereich arbeitet McKinsey für eine Vielzahl von Pharma- und Medizingeräteherstellern, ebenso wie für gesetzliche und private Krankenversicherungen, Krankenhäuser, Ärzteverbände und staatliche Einrichtungen – zunehmend mit Fokus auf die Themenfelder Digitalisierung und Analytics sowie ganzheitliche E-HealthTransformation. Weltweit arbeiten mehr als 2.500 Berater im Gesundheitssektor von McKinsey, darunter mehr als 650 Ärzte und Wissenschaftler.
Pirkka Padmanabhan
Pirkka Padmanabhan ist Junior Partner im Münchner Büro von McKinsey. Er hat International Business an der Universität Warwick studiert und hält einen MBA von der Wharton School/University of Pennsylvania, USA. Bei McKinsey verfolgt er das Ziel, über den Bereich Digital Health Innovationen in der Medizin voranzutreiben. Er leitet das McKinsey „Health Tech Network“ in Deutschland und Österreich und berät Medizintechnik-, Digital-Health- und Pharmaunternehmen in Europa und den USA bei der Ausarbeitung von Innovations- und Kommerzialisierungsstrategien.
Matthias Redlich
Dr. Matthias Redlich ist Partner im Frankfurter Büro von McKinsey. Vor seinem Einstieg bei McKinsey hat er zunächst in Heidelberg Physik studiert und danach an den Universitäten Heidelberg und Sydney in theoretischer Physik promoviert. Bei McKinsey fokussiert er sich von Beginn an auf große Digital- und Technologie-Transformationen im Gesundheitsbereich. Dazu hat er über die letzten Jahre weltweit zahlreiche Großprojekte begleitet und organisiert darüber hinaus regelmäßige internationale Roundtable-Events zu Erfolgsfaktoren bei großen E-Health-Transformationen.
Laura Richter
Laura Richter ist Partnerin bei McKinsey in Berlin. Sie hat Volkswirtschaftslehre in Oxford und London studiert, und einen MBA an der Harvard Business School absolviert. Laura Richter hat ihre Karriere dem Thema Digitalisierung im Gesundheitswesen gewidmet. Hier arbeitet sie unter anderem mit Digital-Health-Unternehmen und unterstützt diese bei der Strategiedefinition. Zusätzlich arbeitet sie mit globalen Pharmaunternehmen und unterstützt diese bei der Gestaltung und Umsetzung digitaler Transformations- und Innovationsprogramme.
Dr. Tobias Silberzahn
Tobias Silberzahn ist Partner im Berliner Büro von McKinsey. In der Arbeit des Biochemikers und promovierten Immunologen dreht sich alles um das Thema Gesundheitsinnovation: Er berät europaweit Digital-Health-, Pharma- und Medizintechnikunternehmen sowie Gesundheitsministerien. Tobias Silberzahn ist globaler Leiter des „Health Tech Network“ von McKinsey, dem mehr als 1.000 Unternehmen angehören. Zudem verantwortet er ein firmeninternes präventives Gesundheitsprogramm, das die Themen Schlaf, Ernährung, Fitness und Stressmanagement abdeckt.
Informationen zum Buch
1. Auflage
Paperback, 165 mm x 240 mm
271 Seiten
64 farbige Abbildungen, 6 Tabellen
ISBN: 978-3-95466-860-1
erschienen: 24. Januar 2024